Kritischer Blick auf die BSH Ausbildung

Kritischer Blick auf die BSH Ausbildung

Die Ausbildung im Brandschutz wackelt – nicht vor Hitze, sondern vor Nachlässigkeit. Halbwissen ersetzt Qualität, und Übung wird zur Show. Eine kritische Betrachtung des Schulungsalltags.

Anlass dieses Artikels war ein Anruf, den ich vor einigen Tagen erhielt. Der freundliche Einstieg des Anrufers – „Hallo, coole Sache, ich habe Ihre Seite gefunden und möchte im Netzwerk mitmachen“ – klang zunächst unverfänglich. Doch der eigentliche Inhalt des Gesprächs war für mich in mehrfacher Hinsicht ernüchternd – ja, sogar erschreckend.

Kurz zusammengefasst schilderte mir mein Gesprächspartner, dass er sich einen Fire Trainer angeschafft habe und nun Brandschutzschulungen anbiete. Seine fachliche Qualifikation kann und möchte ich an dieser Stelle nicht bewerten. Sehr wohl bewerten möchte ich jedoch das Konzept, das er mir als „Ausbildung“ präsentierte: „Ich schicke den Leuten eine richtig gute PowerPoint-Präsentation, die beantworten dann einen Fragebogen. Danach fahre ich nur noch schnell vorbei, lasse sie ein bisschen praktisch üben – so kann ich problemlos drei bis vier Firmen an einem Tag abfrühstücken.“

Was für den Anrufer offenbar ein Alleinstellungsmerkmal (USP) war, stellt aus meiner Sicht genau das Gegenteil dessen dar, wie eine verantwortungsvolle und qualitativ hochwertige Schulung aussehen sollte.

Immerhin: In einem Punkt waren wir uns schnell einig – eine Zusammenarbeit passt für uns nicht.

Was sagt mir das?

Wenn Anbieter mit solchen Konzepten am Markt bestehen können und ihre „Schulungen“ – sofern man diesen Begriff überhaupt verwenden möchte – in dieser Form durchführen, dann bedeutet das im Umkehrschluss: Es gibt offenbar auch Kunden, die genau dieses Vorgehen bevorzugen oder zumindest akzeptieren.

In vielen Unternehmen wird die Ausbildung von Brandschutz- und Evakuierungshelfern als reine Pflichtübung verstanden – ein Haken, der im Rahmen der Verordnungen gesetzt werden muss, um gesetzliche Mindestanforderungen zu erfüllen. Die Realität sieht oft so aus: Zwei Unterrichtseinheiten à 45 Minuten, ein paar theoretische Grundlagen, ein kurzer Löschversuch am Feuerlöscher – fertig ist der Brandschutzhelfer. Doch reicht das wirklich aus?

Zwischen Mindestanforderung und betrieblicher Verantwortung

Natürlich: Die einschlägigen Regelwerke geben einen klaren Rahmen vor. Aber genügt es, diesen Rahmen gerade so zu füllen? Wer Verantwortung für Mitarbeitende übernimmt, muss sich fragen: Wollen wir gerade so das Minimum leisten – oder unsere Beschäftigten wirklich auf einen möglichen Ernstfall vorbereiten?

Brandschutz und Brandbekämpfung ist keine trockene Theorie, sondern potenziell lebensentscheidend. Im Ernstfall ist kein Platz für Halbwissen oder zögerliches Handeln. Menschen in Panik zu führen, ein Brandereignis richtig zu deuten und entschlossen zu handeln oder die Zeit bis zum Eintreffen der Feuerwehr sinnvoll zu überbrücken – das verlangt mehr als eine PowerPoint-Präsentation und einen Löschversuch auf dem Hof.

E-Learning als Allheilmittel? Eine kritische Betrachtung

Die zunehmende Digitalisierung macht auch vor dem Brandschutz nicht halt. E-Learning-Module bieten schnelle, skalierbare Lösungen – bequem vom Büro oder Homeoffice aus. Aber kann ein animiertes Video die Unsicherheit in einem verrauchten Treppenhaus simulieren? Lernt jemand wirklich, mit Stress umzugehen, wenn er den Feuerlöscher nur per Mausklick „bedient“?

Die Vorteile sind offensichtlich: Geringe Kosten, zeitliche Flexibilität, einfache Dokumentation. Doch der Preis ist hoch, wenn die Teilnehmer den Stoff lediglich „durchklicken“ und mit gefährlichem Halbwissen in reale Gefahrensituationen geraten. Ein interaktives E-Learning kann sinnvoll sein – aber nur als Ergänzung zu praktischer Erfahrung, nicht als Ersatz.

Sinnvolle Alternativen: Realitätsnahe Schulungen und nachhaltige Kompetenzen

Statt auf die Stoppuhr zu schauen, sollten sich Verantwortliche lieber die Frage stellen: Was brauchen unsere Helfer wirklich, um im Ernstfall sicher handeln zu können? Der Aufbau realitätsnaher Szenarien, praktische Evakuierungsübungen, das Erleben von Stresssituationen in geschütztem Rahmen – all das schafft Sicherheit und Handlungskompetenz.

Auch die Rolle des Brandschutzhelfers im betrieblichen Gefüge wird häufig unterschätzt. Wer ihn gut ausbildet, gewinnt einen Multiplikator im Unternehmen – einen Botschafter für Sicherheit. Doch dafür braucht es Zeit, Qualität und eine Didaktik, die über das gesetzlich Notwendige hinausgeht und vor allem, es muss vom Unternehmen auch wirklich gewollt sein.

Brandschutzhelfer – keine Aufgabe für Freiwillige aus dem Bauchgefühl

Die Auswahl von Brandschutzhelfern sollte nicht nach dem Motto „Wer hat denn mal Lust?“ erfolgen. Vielmehr braucht es eine kritische Auswahl anhand klar definierter Anforderungen. Ein Brandschutzhelfer sollte psychisch belastbar, entscheidungsfähig in Stresssituationen, kommunikativ und körperlich in der Lage sein, im Notfall aktiv einzugreifen. Ebenso wichtig sind Zuverlässigkeit, ein gewisses organisatorisches Verständnis sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Wer diese Rolle übernimmt, muss im Ernstfall nicht nur sich selbst schützen, sondern auch andere sicher anleiten – das verlangt mehr als nur gutes Zureden.

Unser Ansatz im Netzwerk: Aus der Praxis – für die Praxis

In unserem Netzwerk verfolgen wir bewusst einen anderen Ansatz. Unsere Schulungen sind realitätsnah, fundiert und weit über das gesetzliche Mindestmaß hinaus konzipiert. Die Ausbildung umfasst in der Regel acht Unterrichtseinheiten und endet mit einer umfassenden praktischen Übung, die auch eine Gebäudeverrauchung simuliert und das korrekte Evakuieren unter erschwerten Bedingungen trainiert. Unsere Dozenten stammen aus dem Bereich der Feuerwehr und des Rettungsdienstes, bringen einsatzerprobte Erfahrung mit und vermitteln praxisnahes Wissen aus dem realen Einsatzgeschehen. Ziel ist es, die Teilnehmenden nicht nur theoretisch zu schulen, sondern sie handlungsfähig zu machen – sicher, souverän und vorbereitet. Viele unserer mitmachenden Brandschutzdienstleister teilen genau diesen Ansatz und gemeinsam entwickeln wir unsere Ausbildunsinhalte und auch die Übungsszenarien weiter um hier eine standardisierte Ausbildung gewährleisten zu können.

Ausbildung als Wertschätzung – nicht als Mindestmaß

Die Ausbildung von Brandschutz- und Evakuierungshelfern sollte nicht als lästige Pflicht angesehen werden, sondern als Investition in die Sicherheit, die Verantwortung und das Vertrauen innerhalb eines Unternehmens. Wer mit echter Überzeugung in die Ausbildung geht, zeigt nicht nur seinen Mitarbeitenden, dass ihre Sicherheit ernst genommen wird – er stärkt gleichzeitig die Resilienz des gesamten Betriebs.

Besonders in sensiblen Bereichen wie Schulen, Kindergärten, Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern müssen Brandschutz- und Evakuierungshelfer auf besondere Herausforderungen vorbereitet werden: Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Panikverhalten von Kindern oder die Verantwortung für ganze Gruppen verändern die Dynamik eines Notfalls grundlegend. Hier reicht Standardwissen nicht aus – hier braucht es gezielte Szenarien, abgestimmte Abläufe und geschultes Verantwortungsbewusstsein. Doch nicht nur in diesen Einrichtungen ist Differenzierung entscheidend: Jede Branche – ob Industrie, Handel, Büro oder Gastronomie – bringt ihre ganz eigenen Risiken und betrieblichen Besonderheiten mit sich. Eine gute Ausbildung erkennt diese Unterschiede an und passt Inhalte, Übungen und Schwerpunkte entsprechend an. Wer Schulungen nach dem Gießkannenprinzip durchführt, verkennt das Risiko – und vergeudet wertvolles Potenzial zur Risikominimierung.

Denn eines steht fest: Die Ausbildung von Brandschutzhelfern sollte nicht die Pflicht, sondern die Kür sein.